© Otto Pötter

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Irgendwann gibt es eine Zeit,
die scheint wie aus der Zeit gefallen –
das ist dann zeitgemäß.

So ein Zeitabschnitt
ist wie ein Abschnitt der Zeit,
irgendwie unwirklich zeitgemäß.

Dann ist es besser,
etwas zu ertragen, statt sich zu beschweren.

Dann ist es mutiger,
sich zu fügen, als sich zu behaupten.

Dann ist es hilfreicher,
innezuhalten, statt weiterzumachen.

Dann ist es sinnvoller,
zu schweigen, als zu reden.

Dann ist Abschied Aufbruch.
Das ist dann zeitgemäß.

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Ich steh nicht mehr im Rampenlicht,
Komplimente werden rar.
Ob ich da bin oder nicht,
man nimmt mich kaum noch wahr.

Und schau ich in den Spiegel,
was spiegelt sich mir da?
Bin ich, mit Brief und Siegel,
noch immer der, der ich mal war –

mir selber treu und wesensgleich?
Was bin ich, und was möcht ich sehn?
Kann ich, zu andern im Vergleich,
recht gut noch zu mir selber stehn?

Schön sein mag der schöne Schein,
nicht minder schön doch auch der Kern.
Mag ich auch nicht umschwärmt mehr sein,
ich hab mich nach wie vor noch gern.


Bücher von Otto Pötter aus dem Aschendorff Verlag Münster
z.B. Vom kleinen und vom großen Ich oder Jeden Tag etwas, aber keinen Tag nichts
sind zeitlos wertvolle Lebensbegleiter

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Ein Vortrag zur Wertschätzung des Älterwerdens

Es gibt nicht „das Alter“. Es ist eine Frage der Einstellung, ob wir zufrieden alt werden oder mürrisch. Umgehen lässt sich das Altwerden ohnehin nicht; entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Die Bibel rät im 90. Psalm, Vers 12, zu einem „weisen Herz“. Darauf rechtzeitig zu achten, ist wichtig, denn: Verhärtet das Herz, wird das Alter zum Schmerz. Dass es nicht soweit kommen muss, verdeutlicht dieser Vortrag zur Wertschätzung des Älterwerdens. Er bietet nicht nur Älteren eine gute Lebenshilfe, sondern allen, die sich schon heute mit dem Älterwerden auseinandersetzen.

Münsterländische Volkszeitung am 02.12.2017:
„Frühstück für alle“

Münsterländische Volkszeitung vom 02.12.2017
„Frühstück für alle“

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Ist von Tugenden und Werten die Rede, schrecken nicht wenige gleich zurück, weil das an mahnende Zeigefinger oder an strenge Gouveranten aus moralinsauren Zeiten erinnert. Andererseits wiederum wird ein mangelndes Wertebewusstsein beklagt, wenn durch ungebührliche Verhaltensweisen die öffentliche Ordnung und Sicherheit bedroht ist. Bei alldem wird kaum jemand behaupten können, dass ein gedeihliches Miteinander ohne Werte und Tugenden möglich wäre. Zeigen Werte Idealzustände auf, an deren Erreichung und Annäherung man sich und andere messen kann, so verdeutlichen Tugenden Verhaltensmuster, die allgemein gesellschaftlich wie auch privat als positiv und beziehungsfördernd angesehen werden. Dass in den ein oder anderen Fällen die Kriterien auch zeitbedingten Maßstäben unterliegen, macht den Umgang mit Werten und Tugenden nicht immer gerade leicht. Umso mehr ist es sinnvoll und hilfreich, sich mit den lebensförderlichen Komponenten dieser Normen auseinanderzusetzen, sonst bleiben nicht bejahte Werte ohne Struktur und unbeseelte Tugenden lediglich Dressur. Sinnlos also. Ergeben sich hingegen aus alten Tugenden neue Werte, ist das nicht nur interessant sondern förderlich für uns alle. Als Dozent für logotherapeutische (sinnzentrierte) Persönlichkeitsentwicklung vermittelt Otto Pötter hierzu sinnvolle Anregungen.

„Ich studiere gerade das VHS-Programm und sehe wieder Ihr Vortrags- und Seminarangebot. Da möchte ich Ihnen nun einmal spontan schreiben, denn ich habe von Ihren interessanten Vorträgen schon so viel Gutes für mich umsetzen können, dass es mir ein Bedürfnis ist, Ihnen mit dieser Karte ganz einfach mal zu danken.“

Annegret U. – 30.12.2015

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Aus dem Haus heraus ruft es mir zu: „Dat Tweeuhrköppken is feddig! To! De Kaffe is glieks dör!“ Nur für Landfremde: An der Ems sagen wir „Kaffe“ und nicht Kaffee. Unser fein gemahlener Bohnenkaffee läuft noch, „mit brausend heiß Wasser“ (so heißt das hier), von Hand aufgegossen, durch die gute alte Melittatüte, um „keinen Prütt nich in der Tasse zu haben“. Dabei dröppelt er nicht in eine Tasse, sondern in einen Kaffepott. Da passt gut was drin. Tassen sind mehr was für Tuckeltäntchen, die mit ‘nem Tässchen gerne feintun und dabei vom zierlichen Henkelchen das kleine Fingerchen so nüdlich abspreizen. Von kontemporären Coffiefreaks ganz zu schweigen. Gott Dank muss sich unser Kaffe nicht erst fauchend, röhrend und zischend durch eine umgebaute Harley-Davidson winden, um sich dann aus einem chromglitzernden Auspuff lüllend in eine klobig lütte Keramikkuhle zu ergießen. Nö. So ein rausgepresster Lavazza in Ehren, er ist aber nicht unser Begehren. Wir wissen schon, was wir an unserem Käffchen haben. Mit Tee sind wir da ab Papenburg schon was pingeliger. Unsere Bohnen aber müssen von Bremen her wegkommen. Und dann, schön fein gemahlen, heiß durch die Tüte, schlückchenweise … 

     Also da capo: „Was is?! Ick sin mit den Koffi sowiet!“ Eher ich lapidar antworten kann, gleich noch – oh, auf Hochdeutsch! – die besorgte Frage hinterher: „Ist das zum Draußensitzen nich wohl noch was zu frisch?“ „Nö!“, rufe ich träge zurück, um noch eine Weile Ruhe zu haben, „hier, Südseite, kann man’s schon gut aushalten! Män langsam an da in de Küche, der Kaffe läuft schon nich weg!“ 

     Mag auch der Kaffeeduft locken, mir scheint, just hier draußen wird nun meine Nase begieriger. Alles riecht schon irgendwie anders. Wie ließe sich das nur richtig sagen? Es ist wie ein Wispern, das die Nase hört. Irgendwie so eine kuriose Empfindungsmelange aus Luft- und Erdmolekülen. Ein unvergleichliches Bouquet aus aufgebrochener Ackerscholle und feinem Birkenduft. Und da dringt nun auch noch, soeben wahrnehmbar, ein Hauch Hyazinthenduft mit durch. Welch ein Aroma! Hmm …  Lenz liegt in der Luft.

Ich sitze auf der Hausbank. Nebenbei bemerkt ist an der Ems ein Haus ohne Hausbank kein wohnliches Heim. So kann ich nun endlich wieder, schön Südseite, unter freiem Himmel sitzen und die erste milde Mittagssonne genießen. Herrlich – und doch … Hu! Unwillkürlich ziehe ich mich zusammen. Prompt pustet aus Nordwest, eine schattige Windböe um die Ecke. In der Bodensenke vor mir bibbert die verbliebene Wasserpfütze. Das Licht kräuselt sich in ihr. Doch das war’s auch schon. Die frische Böe machte nicht mehr viel her. Das bisschen Wind war nur Luft. Die Sonne lacht darüber. Gut so. Es geht aufwärts, himmelan! Lenz liegt in der Luft.

Das scheint auch ein Kiebitz gemerkt zu haben. Flugs lässt er sich – wipp, wipp – mit munterem Gehüpf an der Pfütze nieder, schaut sich um, schaut auf die Pfütze und ruft übermütig seinen eigenen Namen, so als wolle er ausrufen: „Ja, ist denn das die Möglichkeit? Ich bin’s!“ Toll. Auch er spürt es: Lenz liegt in der Luft. Seitab schaut sich das mit nur einem geöffneten Auge Bello teilnahmslos an. Der braun-weiße Münsterländer liegt ganz still in der Mittagssonne, den Kopf flach auf seine Vorderpfoten gelegt. Mit einem eintrötig sachten Gebrumm signalisiert er, wohlig dahindämmernd, nur vages Interesse. Immerhin öffnet er ungerührt auch noch das andere Auge, so, als wolle er dem Kiebitz signalisieren: „Nun zappel da doch nicht gleich so herum. Lass dich lieber von den ersten warmen Sonnenstrahlen streicheln.“ Auch Bellos Witterung trügt ihn nicht. Lenz liegt in der Luft.

     Wie Bello blinzele ich mit halbgeöffneten Augen in den weltenfernen Himmel. Soeben feinblau, längst nicht mehr so grau. Mir ist, als wirke schon etwas Wärme mit durch, so als wollten sich Licht und Sonne vermischen, Himmel und Erde eins sein, quasi wie eine Doppelnatur, wie Moll mit Dur. Das gibt’s wohl nur im Frühling. Ja, Lenz liegt in der Luft.

     Ich atme tief durch. Das Frühjahr hat viele Aromen. Es riecht gesund, mit einem krautig-bitteren Hauch. Das macht, wohl vorn von der Hecke her, der Holunderbusch. Es scheint, als wollten in der wohlig-warmen Mittagssonne seine üppigen Knospen schon gerne platzen. Das verströmt dieses intensive Aroma. Zieht das die Vögel an? Plötzlich ist’s ein Piepen, Zwitschern, Hüpfen, Flattern und Springen. Besonders da seitlich am gluckernden Grabenrand. Das plätschernde Wasser funkelt um den alten Birkenstamm herum. Die Birke ist so alt wie ich. Der alte Gayer, mein Urgroßvater, hat mir oft erzählt, dass die kleine Birke damals zu meiner Taufe sein Geschenk an mich war. Sie habe es da im Garten „erst gar nicht so recht tun wollen“, dann aber doch „gut Fuß gefasst“. Otto, denke ich, irgendwie passt das zu dir. Hätten die Ahnen seinerzeit geahnt … In die Lenzphilosophie mischt sich ein so ein wohliger Anflug Melancholie. Schön. Just so, als wolle der Baum sich auf seine Art daran beteiligen scheint es, er versuche, mit seinen feinen, peitschenförmigen Zweigen noch was vom Wind einzufangen. Doch ist da nicht mehr viel zu fangen. Nein. Lenz liegt in der Luft.

    Ich werde wieder gerufen. Streng: „Entweder kömms nu orre ick kipp en glieks wech! Koffi is nich wat för Klüngelantons!“ „Jaja, ick komm all!“ Ich recke mich, stütz die Hände auf die Knie und stehe auf. Die Birke zieht mich magisch an. Aus einer Borkenwunde quillt ein Tropfen, ein Tropfen Birkenfrühlingssaft. Fein glitzert funkelnd punktgenau die Sonne darin. Vorsichtig tippe ich mit dem Zeigefinger daran und nippe davon. Mit nichts zu vergleichen … Reines Frühlingsaroma! Bei diesem besonderen Geschenk der Natur vergesse ich den Kaffee. Kein Wunder, denn:

     Lenz liegt in der Luft.